Von Alleppey nach Kochi – ganz schön europäisch hier

Ursprünglich hatte ich überlegt, nach dem idyllischen Dahinpaddeln und -cruisen durch die Backwaters noch ein weiteres Naturerlebnis dranzuhängen und im Periyar Wildlife Sanctuary auf Tiger- und Elefanten-Safari zu gehen. Ich hatte mich auch schon schlau gemacht, wie ich am günstigsten von Alleppey in den Nationalpark in den Whestern Ghats komme – erst mit der Local Ferry über die Backwaters nach Kottayam und dann mit dem Bus weiter nach Kumily.

Irgendwie war mir jedoch mehr nach städtischem Flair als nach „Wildlife“. Nach den Tagen in der doch sehr speziellen Welt des Amma Ashrams hatte ich das Gefühl, ich brauchte ein bisschen „normales“ touristisches Leben um mich herum, vielleicht sogar etwas „pauschaltouristisches“. Also fuhr ich nicht nach Kumily, sondern machte mich nach meiner Paddeltour auf den Weg nach Kochi, der Touristen-Destination #1 in Kerala. Dass diese kleine Halbinsel zwischen Arabischem Meer und Backwaters auch das Mekka sämtlicher Studiosus-und Marco-Polo-Kunden auf Südindien-Expedition war, sollte mich nicht stören. Ich wusste, dass ich mindestens zwei meiner Ashram-Buddies wieder sehen würde und ich musste ja auch keinem Reiseführer hinterhertraben.

Ich hatte es eilig, aus Alleppey wegzukommen. Bei dem Gedanken an den indischen ÖPNV hatte ich allerdings immer noch ein mulmiges Gefühl. Wie gut, dass Johnson gut vernetzt war und mir einen Fahrer besorgte, der mich für knapp 10 Euro in das gut eine Stunde entfernte Kochi fuhr. Fraß zwar schon wieder ein Loch in meine Reisekasse, aber egal, ich hatte mich zum Abendessen mit Steffi verabredet und wollte vorher noch mein neues Domizil beziehen. Außerdem hatte ich bei Amma für nur zwei Euro pro Nacht logiert und auch man Baseball-Zimmer war mit acht Euro ein echtes Schnäppchen.

Also stieg ich nicht nur ohne schlechtes Gewissen in den weißen Toyota (dessen Sitze übrigens wie bei fast allen Privat-Taxis mit Frottee-Handtüchern abgedeckt waren, damit keine Schweißtröpfchen oder Kekskrümel den Bezug beschmutzten), ich gönnte mir auch eine stilechte Bleibe – das Spencer Home, ein altes portugiesisches Mansion, direkt neben dem alten Exerzierplatz, mit Blick auf die St. Francis Church und ganz in der Nähe des alten holländischen Friedhofs.

Ja, ich war immer noch in Indien. Doch vor mir waren schon sämtliche europäischen Seefahrer- und Eroberer-Nationen hier. Portugiesen, Holländer und Briten hatten sich hier die Klinke in die Hand gegeben und überall ihre Spuren hinterlassen. Insbesondere in Fort Cochin, dem nördlichen Teil von Kochi, wo ich auch wohnte, stößt man an jeder Ecke auf koloniales Erbe. Allen voran auf Kirchen. Wo man eher kunstvoll verzierte Hindutempel erwarten würde, war die Dichte an Kirchen höher als in einer niederbayerischen Katholikenhochburg. Dazu kamen jede Menge Basiliken. Und katholische Mädchenschulen. Meine Favoriten war die kleinen, farbenfrohen Kirchen wie die „Little Flower of Jesus“ und die „Holy Cross“, die ich beide durch Zufall in einer kleinen Straße entdeckte.

Egal, ob Hindu, katholisch oder syrisch-orthodox – für den Inder gehört der Gang zum Tempel, zur Kirche oder auch nur zum Hausaltar zu seinen täglichen Ritualen. Ich machte in Kochi eine spirituelle Pause und gab mich völlig dem Touristendasein hin mit Sightseeing und Shoppen und gutem Essen. Aber Rituale entwickelte ich auch hier. Meine tägliche Anlaufstelle wurde das Kashi, ein Café mit Kunstgalerie und wunderschönem Innnenhof. Hierher kam ich zum Frühstücken und immer wieder zwischendurch. Zum Lesen, Planen, Ratschen. Wen ich hier alles traf und wiedertraf aus dem Sivananda-Ashram und was es in Kochi noch abseits der klassischen Touristenpfade zu entdecken gab, erfahrt ihr nächste Woche! Stay tuned!

2 comments

  1. Liebe Alexandra,
    ich hoffe die Woche vergeht schnell….ich möchte auch nach Kerala reisen, und Deine Berichte sind nicht nur faszinierend sondern auch hilfreich ! ….:)
    ganz liebe Grüsse nach Indien,
    Birgit

  2. liebe birgit,

    freut mich sehr, dass dir der blog gefällt und dir sogar ein paar tipps liefern! indien ist wirklich faszinierend und kerala ein wunderschönes fleckchen. leider bin ich wieder in D, ich blogge sozusagen retrospektiv, die nächste indienreise ist aber schon geplant märz, da gibt es wieder neues “futter” für den blog 🙂

    LG,
    alexandra

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