Chang, Buttertee und „Maggi Noodles“ – Markha Valley Trek Teil IV

Letzten Sonntag war ich endlich mal wieder in den Bergen, nur eine kleine Tour, eine Genusswanderung. Lediglich der Blick in den Kalender, die orangebraune Färbung der Lärchen und das rostrote Laub unter meinen Füßen lassen auf den Spätherbst schließen. Alles andere fühlt sich an wie Frühling, wie Mai, nicht wie November. Rinnsale, mit denen sich der wieder dahinschmelzende Schnee seinen Weg ins Tal bahnt und meine Route in eine etwas matschige Angelegenheit verwandelt. Wanderer in T-Shirt und kurzer Hose. Der Geruch nach Sonnenmilch. Ein Pärchen in Badekleidung, sie im gelben Bikini, er in Bermudashorts und nacktem Oberkörper. Nein, nicht auf dem Weg durch den Wald. Die Bikinidame und ihr Gschpusi aalen sich auf der Terrasse ihrer Hütte oben am Abzweig zum Seeberg in der Sonne.

Während die bayerischen Alpen zu dieser Jahreszeit noch scharenweise Wanderliebhaber anziehen, ist die Trekkingsaison in Ladakh bereits zu Ende. Ab Oktober hält der Winter und damit klirrende Kälte und Schnee Einzug. Meine Guide Ishey wird bereits ihre Zelte in Leh abgebrochen haben und mit ihrem Mann für die Wintermonate nach Markha in das Haus ihrer Eltern zurückgekehrt sein. Wenn es Winter wird in den Bergen von Ladakh, am nördlichen Rand des Himalaya, rücken die Familien noch enger zusammen als sonst. Die Wohnküchen, in denen ich während meiner Trekkingtour nachmittags mit den anderen Wanderern auf Kissen auf dem Boden gehockt und Tee getrunken habe, werden im Winter zum Lebensmittelpunkt für unsere Gastgeber.

Buttertee

Ofen

FrauimSchafspelz

Wenn das Thermometer draußen auf minus dreißig Grad und tiefer sinkt und alles verschneit ist, kuschelt man sich hier am Lehmofen zusammen, Mutter, Vater, Kind, Oma, Opa, Onkel, Tante, Nichte, die ganze erweiterte Großfamilie. Man zieht alles an, was man hat, legt sich ein wärmendes Schafsfell über den Rücken, ruht sich von der Feldarbeit des Sommers aus. Poliert die zahlreichen, kunstvoll verzierten Messingkrüge, die auf den Regalen hinter dem Herd thronen, trinkt das ein oder andere Chang und literweise Buttertee. Die Männer bessern ihre Filzpantoffeln aus, die Frauen nähen.

Ishey vertreibt sich die langen Winter mit Stricken, Socken und kleine Tiere, die sie dann in Leh an Touristen verkauft. Sie mag kein Chang, das Trinken des starken Bieres, das aus fermentierter Gerste gebraut wird und geschmacklich so gar nichts mit dem Bier zu tun hat, wie man es sonst kennt, überlässt sie den Männern. Aber sie liebt Buttertee. Der wird traditionell in hölzernen, langen Fässern zubereitet, aus Teeblättern, Salz und Yakbutter. Im Alltag muss auch schon mal ein normal aufgebrühter Tee genügen, in dem einfach ein Stückchen Butter geschmolzen wird. Wem es schmeckt … Mein Fall ist es nicht, schon wenn die Fettaugen auf dem durchsichtig-weißen Tee mich ansehen, spüre ich, wie mein Magen rebelliert. Ich bleibe lieber bei meinem obligatorischen „Milktea with sugar“.

Auf den Tisch kommt das, was man im Sommer geerntet und getrocknet hat: Erbsen, Linsen, Gerste, Trockenkäse, meistens alles zusammen gemischt in einer würzigen Suppe. Die steht auch bei Isheys Eltern auf dem Ofen. Während Patricia und Lucy um einen Nachschlag bitten, wird mir bei dem strengen Geruch nach getrocknetem Yakkäse, der aus den dampfenden Schüsseln in meiner Nase landet, flau. Mir ist nämlich zwei Tage vorher das passiert, was man auf einer Tour wie dieser seinem ärgsten Feind nicht wünscht: Ich habe mir den Magen verkorkst.

Godfather

Oralpädon

TeatimeMarkha

Momos in Hankar

Ob ich zu viele Spinat-Momos gegessen habe, zuviel Milchtee getrunken habe oder mir das Fläschchen „Godfather“ nicht bekommen ist, das ich mir zum Sonnenuntergang gegönnt habe, keine Ahnung. Jedenfalls war ich seitdem auf Schonkost. Reissüppchen. Elektrolyte mit Erdbeergeschmack Und Chapatti. Immerhin mit Nutella. Ishey fragt, ob ich eine andere Suppe möchte. Ja, gerne. Ich bekomme eine Suppe aus der Tüte. Von Maggi. Ja, von Maggi. Mitten im Himalaya. Die Ladakhis stehen total auf Maggi-Suppe. Und Maggi-Instant-Nudeln. Ich hatte mich schon die ganzen Tage gewundert, warum die Suppe, die es als Vorspeise gibt, in jedem Homestay gleich aussieht und gleicht schmeckt. Jetzt weiß ich es, Maggi macht’s möglich. Während ich bei unseren gelegentlichen Stopps in einem der rar gesäten Teezelte auf dem Weg brav mein Chapatti und mein hartgekochtes Ei aus der Tiffin-Box esse, bestellt sich Ishey eine Runde „Maggi Noodles“. Und kann es gar nicht verstehen, dass ich verzichte.

Dass ich auf dieser Tour noch einmal froh sein würde, eine heiße Suppe aus einer Maggi-Tüte zu bekommen, wusste ich da noch nicht. Auch, dass es aufgrund des Klimawandels immer häufiger auch im Juni noch zu Schneefällen kommt und ich ausgerechnet in meiner einzigen Nacht im Zelt auf 4.700 Meter Höhe von einem Wintereinbruch überrascht werden würde. Davon dann mehr im nächsten Blogpost!

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