Nachdem das Literaturfest seine Bücher zugeklappt hat und ich das Blogstöckchen zurück in die Blogosphäre geworfen habe, geht es heute endlich weiter mit meinen Erlebnissen in Kochi. Zwar gab es dort weder Zwetschgendatschi noch Currywurst mit Pommes (Punkt 3 und Punkt 4 in „20 Dinge über mich“), dafür köstliche Aloo Paratha, das sind ganz fluffige, mit Kartoffeln gefüllte Fladenbrote, und frischen Fisch, gefangen mit den berühmten chinesischen Fischernetzen (dazu später). Und nicht zu vergessen selbstgebackenen Kuchen, den ich wahlweise im Café Kashi oder auch schon mal in einem der 5-Sterne-Nobelhotels direkt am Wasser zu mir nahm. Für den köstlichen Chai Masala, der dazu serviert wurde, lasse ich auch jede Latte Macciato extra heiß (Punkt 2) stehen.
In dem Nobelhotel, auf dessen Terrasse ich diesen phantastischen Schokokuchen aß, logierten die im letzten Kochi-Blogpost bereits erwähnten Studiosus-Touristen. Die erkannte man nicht nur daran, dass sie mindestens paarweise, lieber noch im Rudel auftraten. Sondern auch an ihrer ordentlichen, sauberen und edlen Kleidung. Der Stil wurde offenbar im Katalog empfohlen, denn irgendwie sahen sie alle gleich aus. Die Herren trugen gerne beigefarbene Chinos oder weiße Jeans, dazu helle Hemden, die Damen schicke Flats oder Römersandalen und dazu weiße, flatterige Tuniken, die auch nach einer mehrstündigen Sightseeing-Tour noch blütenfrisch aussaßen. Wie macht man das? Meine T-Shirts hatten mit jeder Wäsche neue Flecken und kleine, fiese Löcher bekommen, meine einzige helle Chino wollte ich mir für Weihnachten und Silvester aufheben und außer Flip-Flops, Trekkingsandalen und Joggingschuhen bot meine mitgebrachte Schuhkollektion keine große Auswahl.
Ich fühlte mich underdressed. Und beschloss: Ich muss dringend shoppen gehen. Auch ein paar Wochen in einem Ashram können diesen weiblichen Urinstinkt offenbar nicht dauerhaft und komplett unterdrücken. Die Boutiquen im Dunstkreis der Sterne-Hotels waren meine erste Anlaufstelle. Hier gab es Saris, Kurtis, Kurtas, Salwars, Churidars, Duphattas – also alles, was das indische Frauenherz begehrt. Sah an mir aber irgendwie blöd aus. Die Kurtis und Kurtas – die hatten noch einige gewissen Ähnlichkeit mit einer Tunika – gab es nur zusammen mit einer Hose, das summierte sich zu einem ziemlich stolzen Preis.
Ich zog weiter zu Fab India. Das ist so was wie der indische Hallhuber, mit Filialen in sämtlichen größeren Städten von Ahmedabad über Hyderabad bis Thiruvananthapuram. Hatte ein ähnliches Sortiment wie die Edelboutique, war aber ein bisschen trendier. Hier shoppt die mode-, aber traditionsbewusste indische Middle Class. Auch hier waren die Preise gesalzen. Ich bin gerade mal bei fabindia.com vorbeigesurft, eine Kurta aus besserem Material kostet schlappe 100 US-Dollar. Zumindest für meine Backpackerkasse war das zu viel. Davon mal abgesehen hätte ich die Klamotten zu Hause wahrscheinlich nie wieder angezogen.
Also blieben doch nur die Tourishops in der Burgher Street und der Princess Street und in Mattancherry. Das ist das alte jüdische Viertel und ein Shopping-Eldorado. „Come into my shop. Pashminas, shawls, pure silk.“ Dem Lockruf der Schals folgte ich als erstes, es wurde ein bunt gestreifter mit Fransen, der mich bei künftigen Rikscha-, Bus- und Zugfahrten vor Zugluft und Ventilatoren schützen sollte. Er hat mir über die Monate treue Dienste geleistet, ich glaube allerdings, Seide war keine drin … Weniger robust waren der Rock und die Tunika, die ich ein paar Shops weiter kaufte. Dort wurden alte Saris zu Wickelröcken und Oberteilen verarbeitet. Ich fand eine Tunika in meiner Lieblingsfarbe, also in türkis. Die ging jedoch schon beim Anprobieren kaputt. Der Sari war wahrscheinlich doch schon ziemlich alt und brüchig. Das hätte mich eigentlich stutzig machen sollen. Ich verließ den Laden dennoch mit zwei neuen Kleidungsstücken.
Der Rock löste sich noch am selben Abend in Wohlgefallen auf, beim Anziehen machte es nur „rrrttssschhhh“. Und das lag jetzt nicht an dem vielen Kuchen. Die Tunika überlebte immerhin Weihnachten und Silvester, auch wenn sie zum Silvester-Dinner in Bombay schon einen Riss hatte … Als qualitätsbewusste Deutsche schlappte ich am nächsten Tag zurück in den Shop und wollte den Rock reklamieren. Ich hätte mir etwas anderes aussuchen dürfen. Aber noch ein „rrrttsschhhh“-Kleidungsstück wollte ich dann doch nicht. Nach zähen Verhandlungen bekam ich mein Geld wieder. Das investierte ich beim Schneider auf der anderen Straßenseite in zwei neue Alibaba-Hosen, eine in rosa und eine in grün. Mit solchen Hosen enttarnt man sich zwar sofort als Backpacker – eine Inderin oder Studiosi würde diese Schlabberhosen mit Gummizug niemals anziehen – aber sie waren verdammt bequem und ließen sich auch wunderbar als Rumgammel- oder Schlafhose nutzen. Ich war ganz traurig, als die grüne Hose beim ersten Gang durch die Waschmaschine zerlöchert zurückkam …
Fehlt nur noch eine Handtasche. Was für die Studiosus-Reisende die LV-It-Bag ist, ist für die Backpackerin die bunte Umhängetasche, gerne auch aus Saristoff und mit ein bisschen Glitzer. Ich shoppte direkt zwei. Eine für jeden Tag und eine für besondere Anlässe. Die für jeden Tag überlebte immerhin fast vier Wochen, bevor der Reißverschluss seinen Geist aufgab und ich – mittlerweile in Nepal angekommen– immer schauen musste, dass nicht mein ganzes Gerümpel heraus fiel (in diesen Ländern schleppt man auch gerne mal eine Rolle Toilettenpapier mit sich herum). Die andere trage ich tatsächlich auch hier öfters im Sommer! Ich hatte es sehr eilig, meine alte, mittlerweile schon total angeschmuddelte Stofftasche von zu Hause zu entsorgen, so dass ich die Taschen direkt umräumte und die alte entsorgte. Leider stellte ich beim Abendessen fest, dass etwas fehlte: Mein Zimmerschlüssel. Ich rannte sofort zurück zu dem Internet-Café, vor dem ich die alte Tasche in einer Mülltonne entsorgt hatte. Vielleicht war der Schlüssel ja noch drin. Die Tasche war noch da, der Schlüssel nicht. So ein Sch… . Bei dem Gedanken, dass inzwischen jemand mein Zimmer im Spencer Home ausgeräumt haben könnte, wurde mir ganz anders. Als ich zurückkam, steckte der Schlüssel von außen. Ich war wohl etwas in Eile und hatte vergessen, ihn mitzunehmen …
In Mattancherry hätte ich übrigens noch stundenlang weitershoppen können. Im riesigen Spice Market zum Beispiel. Doch die Vorstellung, ein paar Monate mit Kardamon und Kurkuma im Rucksack durch die Lande zu ziehen, fand ich nicht so berauschend. Und der indischen Post traute ich nicht über den Weg. Die zwei Münchner Schwestern, die Vroni und die Marie, hatten erzählt, dass ihnen ein Paket mit Geschenken abhandengekommen ist. Außerdem: Da feilschte ich um jede Rupie bei meinen Seidenklamottenkäufen und sollte dann 40 Euro für ein Paket zahlen. Nein, dann doch lieber weiterhin die Gewürze im Asiashop am Hohenzollernplatz kaufen.
Und dann waren da noch die ganzen Antiquitäten. So eine große Shiva-Statue würde schon ziemlich gut zu meiner Buddha-Ganesha-Krishna-Sammlung passen. Oder so ein Ausschnitt aus einer Holztür mit Beschlägen. Würde sich gut machen in meinem Wohnzimmer, vielleicht als Raumteiler. Passte leider auch alles nicht in meinen Rucksack. Daher musste ich die indische Holztruhe, die ich als Couchtisch umfunkioniert habe, auch in Deutschland im Internet bestellen.
Ich war übrigens in Kochi nicht nur shoppen. Ich habe mir auch alle Sehenswürdigkeiten angeschaut. Davon erzähle ich dann im nächsten Blogpost! Stay tuned!