Jetzt habe ich mir gerade extra noch einen starken Cappuccino gekocht für einen “eisenharten” Iron-Blogger-Abend, aber irgendwie will sich der Bildschirm heute nicht mit Worten und Sätzen füllen. Dabei hatte ich von meinem Sonnenplatz am Starnberger See einen phantastischen Bergblick auf die Alpen, so dass ich eigentlich voller Inspiration sein müsste, um Euch von der nächsten Etappe meines Treks durch den Himalaya zu berichten! Doch irgendwie will sich die Inspiration heute abend nicht einstellen.
Kreativität auf Knopfdruck? Heute jedenfalls nicht. Für Journalisten hinter dem Newsdesk ist dies keine Frage, da müssen die Zeilen immer fließen. Auch wenn der kreative Part sich oftmals darauf beschränkt, Agenturmeldungen umzuschreiben oder bei der Quartalsberichterstattung der DAX-Konzerne den vorbereiteten “Lückentext” mit den entsprechenden Zahlen zu füllen. In meinen bisherigen PR- und Kommunikationsjobs war das Akkordtexten unter Zeitdruck auch gang und gäbe, dabei war dann auch noch Kreativität gefragt, vor allem, wenn mal wieder aus heißer Luft etwas Substanzielles produziert werden musste. Das hat auch immer irgendwie funktioniert.
Dennoch lassen sich Muße und Kreativität nicht immer herbei zaubern. Wobei Schreiben letztlich auch ein Handwerk ist. Und beispielsweise das Schreiben eines Romans hauptsächlich aus harter Arbeit besteht und ein enormes Maß an Disziplin erfordert, wie ich von einem erfolgreichen Schriftsteller erfuhr, den ich bei meinem Besuch in Shanghai traf. Der muss derzeit auf das Gaspedal treten, um endlich seinen neuen Roman fertigzustellen, an dem er schon seit drei Jahren arbeitet. Er ist definitiv ein sehr kreativer Kopf, hat schon Literaturpreise gewonnen. Sein erstes Buch habe ich verschlungen. Daran hat er aber auch fünf Jahre gesessen. Er sagt von sich selbst, dass es ihm oftmals an der notwendigen Disziplin fehlt. Eigentlich würde er sowieso viel lieber Gedichte schreiben und Musik machen, aber damit lässt sich kein Geld verdienen, meint er. Interessant – Romane schreiben = ein Knochenjob, um die Miete zu bezahlen … Für das neue Buch waren zwar schon mal 700 Seiten geschrieben, davon hat er aber auch 300 wieder gelöscht. Und was da so aus der Feder fließt, ist im ersten Schritt auch meistens noch nicht so klar und so strukturiert, wie es sein sollte.
Sein Glück oder Antrieb in den letzten drei Monaten: eine “writers residency” in Shanghai. Ein Luxus, die Flüge, ein kleines Taschengeld und eine Wohnung in einer solchen Stadt bezahlt zu bekommen, um zu schreiben, aber auch druckausübend. Vor allem kann man in dieser Wahnssinnsstadt so viele andere spannende Dinge machen; der Blick aus dem kleinen Apartment im zwölften Stock eines Hochhauses am Suzhou Creek lässt erahnen, was man draußen alles verpasst. Um diesen Verlockungen zu widerstehen, hat er sich feste Zeiten am Tag für die Arbeit an seinem Buch reserviert. Kostbare Zeit mit Einkaufen und Kochen zu verplempern fällt aus, das Mittagessen wird von einem Salat-Sandwich-Deli geliefert, zum Wohnung putzen kommt eine Haushaltshilfe. Ich bin gespannt, wann das Buch erscheint …
Tja, mit meinem Blog verdiene ich bislang sowieso noch nicht wirklich Geld. Aber vielleicht gibt es ja bald auch writers residencies für Blogger? Ich bewerbe mich sofort! Das muss dann aber irgendwo in einer einsamen Hütte auf dem Land sein, in einer Stadt wie Shanghai würde ich den Verlockungen sofort erliegen … im Café sitzen, durch die Hochhausschluchten bummeln und die Architektur bewundern, an Teezeremonien teilnehmen, in Buchhandlungen stöbern, in Ausstellungen gehen. Was aber wiederum auch alles inspirierend sein kann. Hach, es nicht leicht ;-).
“Eisenharte” Iron-Blog-Disziplin hin oder her – ich lasse heute einmal fünf gerade sein, ohne schlechtes Gewissen. Und besinne mich auf das, was ich in meinem Meditationskurs in Choglamsar gelernt habe: “Let go”! Nicht krampfhaft etwas erzwingen. Akezptieren, wie die Dinge sind. In diesem Sinne genieße ich jetzt den Rest der Abendsonne auf meiner Loggia und den Blick auf die Schwabinger “Skyline”. Auch wenn die nicht so atemberaubend ist wie die in Shanghai und ich anstatt den nach Einbruch der Dunkelheit bunt glitzernden Oriental Pearl Fernsehturm nur den Olympiaturm und das BWM Hochhaus sehe. Und mache einfach mal nichts, nichts lesen, nichts schreiben. Und selbstverständlich auch keinen Tatort gucken. Axel Milberg als Kommissar finde ich sowieso grottenlangweilig. Ich bin überzeugt, wenn man seine Gedanken fließen lässt, ohne Druck, kommt die Inspiration von alleine zurück. In diesem Sinne wünsche ich Euch eine ruhigen, gelassenen Sonntagabend. Ich werde wahrscheinlich wegen des ollen Cappuccinos später so wach sein, dass ich womöglich doch noch einen Kreativitätsschub bekomme und meinen eigentlich geplanten Blog-Post diese Nacht schreibe.
P.S. Meine Lieblingsbuchhandlung in Delhi, der Full Circle Bookstore, hat gestern abend zufällig noch etwas sehr Passendes auf Facebook gepostet. Stephen King gehört zwar nicht gerade zu meinen Lieblingsautoren, aber mir gefällt sein Zitat!
Sonya | soschy on tour
18. August 2014 at 7:55Das kenne ich leider nur zu gut mit der Schreibblockade und mit der Disziplin ;).
alexandra
18. August 2014 at 8:02da bin ich beruhigt, dass es nicht nur mir so geht! dieses last-minute-blogging am sonntagabend ist für den schreibfluss nicht gerade förderlich! wir sollten eine selbsthilfegruppe aufmachen 🙂
Din
25. August 2014 at 11:03Irgendwann schreibt man dann wieder, als würde einen etwas jagen. Als würden die Gedanken von ganz allein fließen. Einen Fluchtpunkt wünschte ich mir ab und an auch, auch wenn ich nicht wirklich wüsste, wann ich dort hingehen sollte. Irgendwie verschwimmt alles in der Welt aus Arbeit, Privates, Bloggen und bei mir Training… Meist ist deshalb Bloggen der gewisse Fluchtpunkt. Dennoch, falls es writers residencies für Blogger gäbe, wäre ich dann schon einmal #2 auf der Liste.
alexandra
28. August 2014 at 8:19ja, es ist immer wieder erstaunlich, wie die vielen gedanken im kopf dann doch den weg in einen text finden, trotz vermeintlicher schreibblockade. habe gerade einen artikel begonnen, den ich schon eine weile vor mir her schiebe, noch ist der bildschirm weiß, ich hoffe, die worte werden fließen … ich halte die augen auf in sachen “blogger residency” und gebe bescheid 🙂
Frank
15. Januar 2015 at 20:01Mich überfällt gerne eine Schreibblockade, wenn mir zu viele Themen im Kopf herumschwirren und ich über viele Dinge gleichzeitig schreiben will, weil ja augenscheinlich alles grad wichtig ist. Da bleibt die Konzentration auf ein bestimmtes Thema total auf der Strecke.
Mir hat es geholfen, eine Liste mit den Themen und entsprechenden Stichworten anzulegen, die ich immer wieder ergänze, wenn sich ein “wichtiger” Gedankengang anschleicht. Danach habe ich eine Gewichtung der Themen vorgenommen und somit meine persönliche Prioritäten festglegt.
So habe ich Druck rausgenommen, den Kopf etwas frei bekommen und es ist nichts verloren gegangen. Und mit dem Schreiben klappt es auch schnell wieder…
Kann diesen Beitrag hier empfehlen noch empfehlen der nützliche Tipps enthält: http://www.derneuemann.net/8-tipps-schreibblockade/3729
Alexandra
16. Januar 2015 at 7:27Vielen Dank für den Artikel-Tipp, der enthält wirklich viele hilfreiche Hinweise!