Wer meine Fotografie-Webseite Nimesha kennt und mir auf Instagram folgt, weiß, dass ich am liebsten Menschen fotografiere. Menschen in Alltagssituationen. Menschen auf der Straße. Menschen bei der Arbeit. Menschen, die vor ihrem Haus oder ihrem kleinen Laden sitzen. Einen Tee trinken, mit den Nachbarn plaudern, auf Kundschaft warten. Die auf dem Markt hinter einem Berg aus Zwiebeln oder Früchten sitzen und Zeitung lesen. Frauen, die am Fluss Wäsche waschen. Die auf dem Markt Kräuter verkaufen. Beim Bündeln des Korianders gedankenverloren in die Ferne blicken. Männer, die am Straßenrand ihre mit glühender Kohle gefüllten, gußeisernen Bügeleisen unablässig über Hemden gleiten lassen, trotz brütender Hitze. Kinder, die barfuß Himmel und Hölle oder Hinkekasten spielen. Oder Quartett, in einem abgestellten Traktoranhänger, und dabei alles um sich herum vergessen.
People Photography: Momentaufnahmen des Alltags
Momentaufnahmen des menschlichen Alltags. Die nicht geplant sind und die sich aus der Situation ergeben. Aufnahmen, bei denen zu 99 Prozent der Zufall über die Motive entscheidet. Die zufällige Entscheidung, ob ich rechts oder links abbiege. Ob ich beim Abstieg vom Arunachala, dem heiligen Berg in Tiruvannamalai den Weg durch die Gassen nehme. Wo der Zufall es will, dass mein Blick an der einen alten Frau hängen bleibt, die in ein Brettspiel vertieft ist und kurz aufschaut. Als ob sie spürt, dass ich meinen Blick nicht von ihr wenden kann. Weil sie so durchdringen blaue Augen hat, die mit ihrem rot-orangenen Sari und ihrem weißen, kurzgeschnittenen Haar um die Wette leuchten. Augen, die mich skeptisch ansehen, mich durchleuchten wie Röntgenstrahlen, die tief in meine Seele eindringen. Die wiederum in mir den Wunsch wecken, mit dieser Frau in Kontakt zu treten.
Ein von travelingtheworld72 (@alexla_911) gepostetes Foto am
Wenn man nicht dieselbe Sprache spricht, ist das schwierig. Doch manchmal benötigt man keine Worte, um mit einem Menschen in Kontakt zu treten, manchmal reicht die Körpersprache. Blicke, Gesten, ein Lächeln, in Indien ein Kopfwackeln. Die alte Frau wackelt mit dem Kopf. Gibt mir zu verstehen, dass sie einverstanden ist, dass ich ein wenig bleibe, ihr bei dem Brettspiel zusehe und ein paar Fotos von ihr mache.
Momente, die ich niemals vergessen werde. Begegnungen, die sich in meinen Kopf einbrennen. Die wieder lebendig werden, wenn ich mir die Fotos dazu ansehe. Unzählige Fotos mache ich in solchen Momenten. Ähnlich wie bei klassischen Porträtaufnahmen. Der Finger immer auf dem Auflöser, nah, weniger nah, die Perspektive wechseln. Für manuelle Einstellungen, die richtige Blende, die richtige Belichtungszeit, bleibt nicht viel Zeit. Die Programmautomatik muss reichen.
Landschaftsfotografie: Stativ, Weitwinkel und Filter
Was für ein Unterschied zur Landschaftsfotografie, in die ich vergangenes Wochenende tiefer eingestiegen bin. Meine bisherigen Landschaftsaufnahmen sind ähnlich entstanden wie meine übrigen Fotos. Spontane Momentaufnahmen. Wenn ich auf meiner Trekkingtour in Ladakh zusätzlich zu meiner Kamera, zwei Objektiven und Ladegerät noch ein Stativ, ein Weitwinkelobjektiv und diverse Filter in meinem Rucksack gehabt hätte, hätte ich einen Träger nehmen müssen. Und wir hätten wahrscheinlich zwei Tage verlängern müssen. Landschaftsfotografie braucht nicht nur einiges an Ausrüstung, es braucht auch Zeit. Und Geduld. Als ich die Liste las, die Florian von Phototravellers mir und meinen Bloggerkollegen von den Iron Bloggern München im Vorfeld unseres kleinen Workshops zuschickte, musste ich bei fast allem passen. Ich besitze bis dato weder ein Stativ, noch ein Weitwinkelobjektiv, noch Filter.
Dass alle drei Utensilien essentiell ist, weiß ich seit unserem Ausflug ins Berchtesgadener Land und seit unseren Shootings in der Almbachklamm, am Hintersee und im Zauberwald. Denn wenn man mit langer Belichtungszeit arbeitet, sei es, um fließendem Wasser einen nebelartigen Effekt zu verleihen wie bei dem Wasserfall in der Almbachklamm oder vor Sonnenauf- oder -untergang zu fotografieren wie am Hintersee, verwackelt das Bild ohne Stativ. Am besten benutzt man zusätzlich einen Fernauslöser.
Ich habe mir ein Reisestativ geliehen, zwar nicht optimal, da etwas wackelig und recht niedrig, doch es erfüllte seinen Zweck. Anstelle des Fernauslösers habe ich den Selbstauslöser benutzt. Also eine noch längere Wartezeit, zusätzlich zu der langen Belichtungszeit. Schwierig, wenn man so ungeduldig ist wie ich und denkt, etwas stimmt mit der Kamera nicht, weil sie nach 20 Sekunden immer noch nicht ausgelöst hat. Doch irgendwann höre ich dann das Klacken. Es hat funktioniert. Nur leider sieht man meinen Finger auf dem Bild. Normalerweise arbeitet man bei Filtern mit Steck- oder Schraubsystemen und hält nicht einfach den Filter vor das Ojektiv, so wie ich es mangels Ausrüstung gemacht habe.
Also nochmal. Und nochmal. Vielleicht eine andere Perspektive ausprobieren. Dann muss ich jedoch von vorne beginnen mit dem Programm. Einen Platz finden, wo das Stativ nicht wackelt, einen Motivausschnitt wählen, dabei darauf achten, einen guten Vordergrund zu erwischen und dass alles gerade ist, den Bildaufbau kontrollieren, fokussieren, auf M wie Manuell umstellen und die richtige Blende und Belichtungszeit finden. Falls der Himmel immer noch zu hell ist, einen dunkleren Filter nehmen. Eine ganze schöne Frickelei. Die Kameratechnik kann einem natürlich helfen, alles andere ist üben, üben, üben. Wie bei allem im Leben.
Wenn es wolkig ist, jubelt der Landschaftsfotograf
Schon nach dem ersten Tag unseres Workshops bin ich fasziniert, was man erreichen kann mit den manuellen Einstellungen und dem Einsatz von Filtern. Der Wasserfall in der Almbachklamm sieht tatsächlich aus wie eine weiße nebulöse Gischt. Bei einigen Aufnahmen sieht es so aus, als ob das Wasser rechts hinaus fließt, das ist nicht optimal, lerne ich. Ich lerne auch, dass Wolken extrem wichtig sind in der Landschaftsfotografie. Wenn alle Welt über blauen Himmel und Sonnenschein jubelt, jammert der Landschaftsfotograf. Wolken ergänzen die Landschaft und können der Aufnahme etwas Dramatisches geben. Auch ein bedeckter Himmel ist besser als ein blauer Himmel, in diffusem Licht fällt die Sorge um eine ausgeglichene Belichtung zwischen Himmel und Landschaft weg.
Die Vorbereitung ist lang, der richtige Moment in der Regel nur sehr kurz. Kurz war auch unsere Nacht, denn der Landschaftsfotograf ist gerne vor Sonnenaufgang am Spot, um alles rechtzeitig aufzubauen. Rechtzeitig hieß in unserem Fall Wecker um 4.45 Uhr, Abfahrt um 5.00 Uhr, Ankunft am Hintersee um 5.20 Uhr. Viel zu früh für einen Sonntag. Und obwohl ich ein Frühaufsteher bin, hatte ich kurzzeitig damit geliebäugelt, einfach liegenzubleiben. Das hätte ich jedoch bitter bereut. Zu sehen, wie schnell sich in der Zeit vor Sonnenaufgang plötzlich die Lichtverhältnisse ändern, die Berge für einen kurzen Moment in ein sanftes Rosa getaucht werden, der Watzmann für einen ebenso kurzen Moment in ein leuchtendes Orange und dann alles genauso plötzlich wieder vorbei ist, ist unbezahlbar.
Der Landschaftsfotograf kommt gezielt zu einer bestimmten Tageszeit an einen bestimmten Ort. Er ist mehr damit beschäftigt, seine Kamera immer wieder auf die neuen Lichtverhältnisse einzustellen, als den Moment zu genießen. Landschaftsfotografie „on the fly“ gibt es nicht. Wenn Florian auf eine Bergtour geht, dann ist das auch immer eine Fototour. Dann wird auch auf 2.000 Meter das Stativ aufgebaut, die Filter angeschraubt, die Drohne ausgepackt und auf den richtigen Moment gewartet.
Almbachklamm und Hintersee, unsere Shooting-Spots
Fotokurse Landschaftsfotografie bei Phototravellers
Bei Florian kann man verschiedene Eintages- und Mehrtagesworkshops im Münchner Umland und im bayerischen Alpenraum buchen. Neben dem Berchtesgadener Land sind u.a. Garmisch-Partenkirchen, Ammersee und Walchensee im Angebot. Nach einer theoretischen Einführung geht es an die praktische Umsetzun: shooten, shooten, shooten. In der Nachbesprechung haben wir die besten Aufnahmen ausgewählt und gemeinsam in Lightroom entwickelt. Dabei wird nicht wie in Photoshop bearbeitet, sondern nur minimal ausgeglichen. Idealerweise hat man das Foto schon so im Kasten, dass auch nichts mehr begradigt oder beschnitten werden muss.
Mit an Bord waren übrigens Sonya von Soschy on Tour, Markus vom Outdoor-Blog sowie Andreas und Simon von Gipfelfieber. Möchtet Ihr noch wissen, was das geflügelte Wort unseres Wochenendes war? Euer Bild von Outdoor-Bloggern wird ins Wanken geraten. Ich verrate es trotzdem. Es lautet: „Können wir dahin fahren?“ Dass wir viel Spaß hatten, könnt Ihr auch auf unseren Social-Media-Kanälen sehen, vor allem Sonya hat das „Behind the Scenes“ umfassend dokumentiert :-).
Sonya
28. April 2016 at 23:20Es war so herrlich das Wochenende mit dir, Florian und den anderen Ironbloggern zu verbringen. Vor allem das frühe Aufstehen hat sich mehr als gelohnt. Ich bin ja sehr begeistert von deiner Portraitfotografie. Du hast ein tolles Auge für Menschen. Ich traue mich ja nicht so richtig an das Motiv Mensch ran.
Und auch die Landschaften schauen super bei dir aus. Ich ärgere mich ja immer noch, dass ich dieses Bäumchen nicht wie du mit auf dem Foto hatte oder vergessen habe, beim Sonnenaufgang auch Querformat auszuprobieren. Da hilft nur eins, nochmal zum Hintersee fahren. Bist du dabei ;)?
Alexandra
30. April 2016 at 9:38Es war wirklich ein ganz großartiges Wochenende, hat mir superviel Spaß gemacht! Landschaften zu fotografieren ist echt nochmal etwas anderes als Straßenszenen und Menschen einzufangen, freut mich riesig, dass Dir die Fotos gefallen. Bin von Deinen Fotos vom Fotoworkshop aber auch total begeistert und freue mich schon auf den Blogpost dazu! Und das Bäumchen war mehr Zufall als gezieltes Einsetzen ;-). Auf jeden Fall wäre ich wieder dabei, beim nächsten Mal maule ich auch nicht, wenn um 4.45 Uhr der Wecker geht, ich weiß ja jetzt, dass es sich lohnt ;-).
Florian
9. Mai 2016 at 8:05Tolle Fotos habt ihr da alle mitbegracht, ich bin begeistert und freue mich auf mehr Bilder von euch
Viele Grüße
Florian
Alexandra
9. Mai 2016 at 8:42Dank Deiner guten Anleitung und dem ganzen Equipment :-). Ein Weitwinkelobjektiv muss jetzt definitiv her, werde mich da nochmal vertrauensvoll an Dich wenden bzgl. einer Empfehlung! Viele Grüße, Alex
Anke
16. Mai 2016 at 18:47Das klingt nach einem wirklich tollen Workshop und die Resulate können sich echt sehen lassen (Behind the Scenes finde ich auch immer klasse! Die Verrenkungen und Aktionen, die ein Landschaftsfotograf startet um genau die gewünschte Perspektive einzufangen sind großartig!) Wir möchten in diesem Jahr auch noch einen Foto-Workshop mitmachen – das Berchtesgardener Land scheint dafür ja wie gemacht.
Eine Sache sehe ich aber ein bisschen anders als du: “Der Landschaftsfotograf kommt gezielt zu einer bestimmten Tageszeit an einen bestimmten Ort. Er ist mehr damit beschäftigt, seine Kamera immer wieder auf die neuen Lichtverhältnisse einzustellen, als den Moment zu genießen.”
Ganz klar: Landschaftsfotografie braucht Vorbereitung. Aber es ist auch herrlich entspannend. Irgendwo zu hocken, die Natur und das Licht zu beobachten und auf den perfekten Moment zu warten. Das erfordert Geduld, ist nachts manchmal auch wirklicht kalt, aber es heißt auch: Einfach den Moment genießen, das Licht zu sehen und zu beobachten und auf die kleine Details zu achten. Vorbeiziehende Wolken, Spiegelungen im Wasser, Tiere am Flussufer…. Trotzdem bewundere ich die “Spontan-Fotografierer” sehr und mag deine Portaits, die du hier auf der Seite zeigst 🙂
Alexandra
18. Mai 2016 at 7:04Liebe Anke,
es hat auch wirklich Spaß gemacht, die Verrenkungen waren zum Teil dem Mini-Reisestativ geschuldet, meine Oberschenkel haben sich über die Non-Stop-Quad-Position gefreut ;-). Das Berchtesgadener Land ist sehr zu empfehlen für einen Fotokurs, man ist rasch an verschiedenen tollen Locations und es ist einfach eine schöne Gegend. Falls Du einen Tipp für eine Unterkunft brauchst, lass’ es mich wissen! Und der Flo würde sich bestimmt über weitere Blogger in einem seiner Kurse freuen :-).
Was Du über die Geduld schreibst, da hast Du sicherlich völlig recht. Ich bin (trotz Yoga) ein unruhiger Geist und bei mir müssen die Dinge immer schnell gehen. Ich sollte wahrscheinlich öfters Landschaftsfotografie machen um genau davon weg zu kommen ;-). Freut mich übrigens sehr, dass Dir die Porträts gefallen!
Liebe Grüße,
Alexandra